In Deutschland wird die Rechtsberatung durch das Rechtsberatungsgesetz von 19351 (RBerG) sowie die fünf Verordnungen zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetz geregelt. Hier die aktuelle Fassung des Rechtsberatungsgesetzes.

1. Einführung

Die Erfahrung aus den juristischen NewsGruppen zeigt, dass immer wieder konkrete Anfragen zu konkreten juristischen Problemen des Alltages auftauchen. Hierbei ist das Rechtsberatungsgesetz zu beachten (zu dieser Frage gibt es einen schönen Beitrag in de.soc.recht.misc vom 16.12.2002):



Eine Rechtsangelegenheiten besorgt nach dem BundesVerfassungsGericht (BVerfG, 1 BvR 2251/01 vom 27.9.2002, Absatz-Nr. 23), wer eine Tätigkeit ausübt, die das Ziel verfolgt und geeignet ist, konkrete fremde Rechte zu verwirklichen oder konkrete fremde RechtsVerhältnisse zu gestalten.

Die Geschäftsmäßigkeit erfordere dabei eine selbständige, mit Wiederholungsabsicht erfolgende Tätigkeit, die nicht nur aus besonderen Gründen als Gefälligkeit ausgeübt werde (BVerwG NJW 1988, 220 u.a., zitiert nach Jürgen Renner/Caliebe, RBerG-Kommentar, 2. Aufl. München 1992).

2. Reform

Die Bundesregierung möchte das RBerG deutlich lockern, insbesondere auch DiplomJuristen (Univ.) und FH-Wirtschaftsjuristen die Beratung gestatten, Artikel in der FAZ (09.03.2004) Einblicke in die aktuellen Überlegungen des Ministeriums unter http://www.bmj.bund.de/enid/757d04921ff024de153f3c7f345c24f0,55a304092d09/ln.html; vgl. hierzu noch weitreichender Prof. Grunewald, AnwBl 0/2004, 208ff.

Es gibt einen neuen Diskussionsentwurf des BMJ zum Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG). Er findet sich hier. uf der Seite Rechtsdienstleistungsgesetz.de werden Informationen zur Entwicklung (der Entwürfe) des Rechtsdienstleistungsgesetzes dargestellt: Entstehungsgeschichte des RDG.

Mit Pressemitteilung vom 23.08.06 teilt das BMJ mit: Die Bundesregierung hat heute den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts beschlossen.

Mit gleich lautender Überschrift ("Qualität sichern – Rechtsberatung öffnen") hat das BMJ am 01.02.07 eine weitere Pressemitteilung herausgegeben. Demnach hat der Deutsche Bundestag in Erster Lesung den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Rechtsberatungsrecht beraten.

VB von Kramer gegen RBerG erfolgreich, altruistische Rechtsberatung von qualifizierten Rechtsberatern ohne formelle Erlaubnis rechtmäßig! Vgl. http://www.forumjustizgeschichte.de/Verfassungbesch.180.0.html und Juristen bleiben unter sich.

Am 11.10.07 hat der BundesTag das neue Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) beschlossen, mit dem "die Rechtsberatung neu geordnet wird", wie es in der Pressemitteilung des BMJ vom 11.10.07 heißt.

3. Verfassungsmäßigkeit

Die Verfassungsmäßigkeit des RBerG ist umstritten.

Das BundesVerfassungsGericht geht allerdings davon aus, dass das RBerG im Einklang mit der Verfassung steht: "In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass der Erlaubnisvorbehalt für die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG verfassungsgemäß ist (vgl. BVerfGE 41, 378 <390>; 75, 246 <267, 275 f.>; 97, 12 <26 f.>)." (BVerfG, 1 BvR 2251/01 vom 27.9.2002, Absatz-Nr. 11).

4. Kritik - negative und positive

Folgende Kritik wird verschiedentlich am Rechtsberatungsgesetz geübt:

  1. Das Rechtsberatungsgesetz ist in seinem Ursprung Nazi-Unrecht (gerichtet gegen jüdische Anwälte). So hieß es in § 5 der Ersten Verordnung zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes (vom 13. Dezember 1935, RGBl. I S. 1481): "Juden wird die Erlaubnis nicht erteilt." (Vgl. hierzu auch http://groups.google.de/groups?ie=ISO-8859-1&as_umsgid=F7Tmb.1805%24mf2.22174%40news4.e.nsc.no)

  2. Das Rechtsberatungsgesetz dient vor allem dazu, den RechtsAnwälten Pfründe zu sichern.

Außerdem schafft die Durchdringung aller Lebensbereiche mit Rechtsfragen mehr und mehr Konfliktfelder. Die Freiheit, über konkrete Rechtsfragen (auch öffentlich) Meinungen auszutauschen (Art. 5 GG) wird über Gebühr eingeschränkt.

Andererseits gewährleistet das Rechtsberatungsgesetz eine gewisse Qualitätssicherung.

Rechtsberatung ist für den Verbraucher in der Regel mit Gefahren verbunden, vor denen er geschützt werden muß. Nach dem Rechtsberatungsgesetz ist die Rechtsberatung deshalb grundsätzlich Anwälten vorbehalten, weil das Standesrecht an diese besondere Anforderungen stellt.

Wer die Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt" führen darf, hat ein Jurastudium mit einem Staatsexamen erfolgreich abgeschlossen, danach eine zusätzliche praktische Ausbildung durchlaufen und in einem weiteren Staatsexamen erneut seine Rechtskenntnisse nachgewiesen.

Ein Anwalt ist verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung zu unterhalten, so daß dem Mandanten im Falle eines Beratungsfehlers ein leistungsfähiger Schuldner zur Verfügung steht.

Der Anwalt ist, ähnlich wie ein Arzt oder ein Priester, in besonderer Weise zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Weitere gesetzliche Regelungen stellen sicher, daß der Anwalt ausschließlich unabhängig die Interessen seines Auftraggebers wahrnimmt. Gerade diese Loyalität und Unabhängigkeit, die für eine sachgerechte Rechtsberatung unerläßlich ist, können andere Stellen, die ihr Geld möglicherweise nicht ausschließlich vom Auftraggeber erhalten, nicht immer gewährleisten.

Die Gefahren, die mit der Rechtsberatung verbunden sind, rechtfertigen es, diese Tätigkeit, die oft mit einer hohen Verantwortung für das Wohlergehen des Mandanten verbunden ist, im Grundsatz ausschließlich Personen zu übertragen, die die dargestellten Mindestanforderungen erfüllen.

Zwar ist das Rechtsberatungsgesetz ursprünglich 1935 erlassen worden, aber der seinerzeit nationalsozialistische Inhalt ist schon alsbald nach Ende des zweiten Weltkrieges durch Gesetzesänderungen aus dem Gesetz entfernt worden. Übriggeblieben sind allein die Regelungen, die in einer für eine Demokratie angemessenen Weise dem Verbraucherschutz und der Aufrechterhaltung einer geordneten Rechtspflege dienen. Es stört ja auch niemanden, daß das BGB im Kaiserreich erstmals in Kraft getreten ist, das Strafgesetzbuch sogar 1871.

Vielmehr gilt: Das alte Recht ist das gute Recht, denn es hat sich bewährt.

Verbraucherschutz wird in diesen Tagen großgeschrieben. Nur dort, wo es gefährlich wird und Verbraucherschutz wirklich nötig wäre, nämlich bei der Rechtsberatung, da redet man plötzlich, entgegen jeder Gewohnheit, von Liberalisierung.

Dabei geht es um etwas ganz Anderes. Die Unabhängigkeit des Anwalts als mittelständischen, freiberuflichen Unternehmers, der allein dem Gesetz und den Interessen des Mandanten verpflichtet ist, ist der rot-grünen Regierung ein Dorn im Auge. Lieber ist ihr der lohnabhängige Rechtsberater als Funktionär in einer Institution, die sie im Zweifel kontrollieren kann und auf den sie Druck ausüben kann. Eine derartige Tendenz läuft der Rechtsstaatlichkeit zuwider und ist im übrigen ebenfalls nicht neu. So waren die Anwälte in der DDR nicht unabhängig, sondern dem Einfluß des Staates ausgeliefert. Die Anwälte in der Zeit des Nationalsozialismus waren im "Rechtswahrer-Bund" gleichgeschaltet und ebenfalls ihrer Unabhängigkeit beraubt. Auch die neue Geldwäschegesetzgebung zielt darauf ab, durch Regelung einer Denunziationspflicht die anwaltliche Verschwiegenheit auszuhöhlen, einen Keil zwischen Anwalt und Mandant zu treiben und so durch engere Anbindung an den Staat die freie Anwaltschaft weiter zu schwächen. Das ist nicht hinnehmbar.

Das Rechtsberatungsgesetz ist aufrechtzuerhalten, damit im Interesse des Verbraucherschutzes auch weiterhin eine qualitativ hochwertige Rechtsberatung durch unabhängige, verschwiegene und loyale Rechtsanwälte gewährleistet ist (vgl. Deutscher Anwaltverein zu Änderungsbestrebungen).

5. Mieterverein u.ä.

Bekanntlich bieten auch z.B. Mietervereine für ihre Mitglieder Rechtsberatung an (siehe hier).

Die Erlaubnis dafür ergibt sich aus Art 1 § 7 RBerG. Vgl. hierzu OLG Hamburg, Urteil vom 06.12.1984 - 3 U 174/84: "Die Befugnis des Beklagten als Mieterverein, seinen Mitgliedern in Miet- und Rechtsfragen Rechtshilfe zu gewähren, ergibt sich aus Art 1 § 7 RBerG. Voraussetzung ist allein, daß der Mieterverein seiner Zweckrichtung nach ideell ist, mithin nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist."

Andererseits ist laut BGH ein Automobilclub weder eine auf berufsständischer Grundlage errichtete Vereinigung noch eine berufsstandsähnliche Vereinigung i.S. des Art. 1 § 7 RBerG (siehe hierzu Handakte WebLAWg vom 28.01.04).

6. International

Nach einem (nicht rechtskräftigen) Urteil des OLG Köln vom 19.12.2003 unterliegt auch die Ausübung einer rechtsberatenden Tätigkeit in Deutschland durch einen im Ausland lebenden und ausschließlich von dort tätigen Berater dem RBerG (vertretbar.de, 10.01.2004).

In anderen Ländern wie z.B. USA, Österreich und der Schweiz gibt es keine vergleichbare Regelung. In dem Gutachten für den 58. DeutscherJuristenTag in München 19902, S. C68 ff. stellt Ulrich Everling fest, dass keiner der von ihm untersuchten Mitgliedsstaaten der EU die Rechtsberatung den Anwälten vorbehält. Nicht einmal die entgeltliche kommerzielle Rechtsbesorgung ist in anderen Staaten vergleichbaren Beschränkungen wie in der Bundesrepublik Deutschland unterworfen. In einigen Staaten gibt es überhaupt keine Zulassungsvoraussetzungen für die berufliche Rechtsberatung. Lediglich die Führung der Berufszeichnung "RechtsAnwalt" ist an die üblichen Voraussetzungen gebunden. In all diesen Staaten steht es also jedermann frei, auch ohne entsprechende berufliche Vorbildung und Examina juristisch zu beraten." (DFG-VK Zeitschrift 4/3)

Aus der Beschwerde (2002) wegen Verletzung der EMRK: "Die Bundesrepublik ist – sogar weltweit – der einzige Staat, in dem altruistisches Handeln im Bereich der Rechtsberatung verboten ist (vgl. Ulrich Everling, Gutachten C zum 58. Deutschen Juristentag, München 1990, S. C 69 ff, C 91)."

In Japan ist alle entgeltliche Rechtsberatung Anwälten vorbehalten. Wer kein Honorar nimmt, darf andere beraten. Viele Universitäten bieten unentgeltliche Rechtsberatung durch Studenten als Teil der Ausbildung an.

OffeneFrage: Welche Ländern haben eigentlich dem deutschen Rechtsberatungsgesetz ähnliche Regelungen?

7. Literatur

8. Links


siehe auch RechtsBeistand, OnlineRechtsBeratung


  1. Hieß ursprünglich "Gesetz zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung". (1)

  2. Welche gesetzlichen Regelungen empfehlen sich für das Recht der rechtsberatenden Berufe, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung in der Europäischen Gemeinschaft? (2)


KategorieÖffentlichesRecht KategorieAnwaltsRecht

RechtsberatungsGesetz (zuletzt geändert am 2014-09-24 06:24:05 durch anonym)