Es ist Fraglich, ob 2004 Sterbegeld gezahlt werden muß.

Dies ist nur eine Unterseite, da sich der Streit ums Sterbegeld relativ bald erledigt haben sollte. Hier ist mein Zwischenstand:

1.Gibt es 2004 noch Sterbegeld? 2.Welche Fristen sind zu beachten? Wie ist vorzugehen?

Antworten:

1.Wohl eher nicht.

Der Stein des Anstoßes ist von Prof. em. Dr. Friedrich Schnapp, Bochum ins Rollen gebracht worden (Zuerst durch ein Interview mit dem WDR, gesendet in „markt“ am 14.06.2004 und in der „Tagesschau“ vom 15.06.2004, später veröffentlicht er „Das Sterbegeld – eine auslaufende Leistung?“ in SGb 8, 2004 S. 451f). Dieser ist (nach der Zahl der jüngsten Veröffentlichungen) wohl ein anerkannter Sozialrechtler und hat dieses Jahr ein Buch über den korrekten Umgang von Juristen mit Sprache geschrieben („Stilfibel für Juristen“, ISBN 3-8258-7271-8). Sein Kernargument ist, daß durch das GKV-Modernisierungsgestz (GMG) zwar anstelle des Sterbegeldes am 01.01.2004 ein Abschnitt über Zahnersatz in das SGB V eingefügt wurde, daß aber die maßgeblichen Sterbegeldvorschriften nicht explizit gelöscht wurden und damit noch wirksam seien. Diese Änderung träte erst zum 01.01.2005 in Kraft. Dieser Ansicht haben sich zumindest die Stadt Duisburg sowie ein Bürger aus dem Raum Chemnitz angeschlossen. Die Gegenmeinung vertritt die Ansicht, daß das GMG zwar unglücklich formuliert worden sei, trotzdem aber klar eine Aufhebung des Sterbegeldes schon für 2004 ersichtlich sei. Ihr Hauptargument ist, daß die Neufassung des Siebenten Abschnitts, die auch eine andere Nummerierung beinhaltet, eine Löschung des Alten und damit des Sterbegeldes impliziere. Diese Meinung vertreten neben der Bundesregierung zwei wissenschaftliche Mitarbeiter aus Köln („Das Sterbegeld nach §§ 58, 59 SGB V – Tote brauchen keinen Zahnersatz -“, veröffentlicht im Internet bei http://www.aus-portal.de/aktuell/standpunkte/media/Sterbegeld_58_59_SGB_V.pdf am 29.06.2004, Stand: 05.12.2004) sowie das Sozialgericht Chemnitz (Gerichtsbescheid vom 24.11.2004, Az.: S 13 KR 684/04, zu finden bei www.Sozialgerichtsbarkeit.de am 05.12.2004).

Die Argumente für ein Sterbegeld 2004 sind eher schwach. Eine Gesetzesinterpretation im Sinne des Prof. Dr. Schnapp ist nur dann möglich, wenn man der Auffassung ist, der jetzige Gesetzeswortlaut spräche eindeutig Sterbegeld zu. Denn in jedem anderen Fall ist das Gesetz aus der eindeutig dokumentierten Absicht der Parlamentarier so auszulegen, daß 2004 kein Sterbegeld gezahlt wird. Diese Absicht bestreitet auch Prof. Dr. Schnapp nicht. Gegen einen eindeutigen Gesetzeswortlaut spricht aber viel. Denn zum 01.01.2004 wurden die Verweise auf Sterbegeld im SGB I und SGB V gelöscht, die Überschrift des Abschnitts in „Siebter Abschnitt Zahnersatz“ geändert sowie bei § 58 ein Absatz 3 zum Zahnersatz eingefügt. Es ist damit zumindest unklar, wo der Inhalt des alten § 58 bleiben soll, der keine Absätze hatte und warum die Neufassung des siebenten Abschnitts zwar 2005 eine Aufhebung des alten siebenten Abschnitts darstellen soll, dies für 2004 aber nicht bewirken kann. Da keine Eindeutigkeit gegeben ist, bleibt für die Argumentation pro Sterbegeld 2004 keinen Raum.

2.Vier Jahre bzw. ein Monat ab Antrag

Wer trotz der geringen Aussichten seine Chancen waren will, hat zwei Möglichkeiten: Die Verjährung beträgt nach § 45 Abs. 1 SGB I vier Jahre. Somit wäre die einfachste Möglichkeit, abzuwarten, ob die Obergerichte sich überhaupt auf eine Berufung einlassen.

Wer jedoch glaubt, die Chance unbedingt nutzen zu müssen, kann bei der zuständige Krankenkasse Sterbegeld durch rechtsmittelfähigen Bescheid beantragen (Muster gibt es bei http://www.aeternitas.de/recht/2004_11_24__12_06_11/show_data_html, http://www.vdk.de/sx6893), Widerspruch einlegen und anschließend – um die Verjährung zu hemmen – ein Ruhen des Widerspruches bis zur obergerichtlichen Klärung vereinbaren. Dann ist die Krankenkasse verpflichtet, die Rechtsprechung zu beobachten bei entsprechender Rechtsprechung von allein wider tätig zu werden und das Geld auszuzahlen. Bei dieser Lösung ist jedoch zu bedenken, ob Kommunen aufgrund ihrer Pflicht zum bundesfreundlichen Verhalten vielleicht gehalten wären, sich nicht aggressiv entgegen dem eindeutig geäußerten Willen der Parlamentarier während des Gesetzgebungsverfahrens zu verhalten.

Aktuell: Das Sozialgericht Duisburg hat eine Entscheidung zu der derzeit bundesweit umstrittenen Frage getroffen, ob für im Jahre 2004 verstorbene Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung noch ein Anspruch auf Sterbegeld geltend gemacht werden kann. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass die alten Vorschriften über das Sterbegeld (§§ 58/59 SGB V) auch im Jahre 2004 noch Wirkung entfalten konnten, weil die nunmehr in diesen Pragraphen enthaltenen Regelungen zum Zahnersatz überwiegend erst zum 01.01.2005 in Kraft treten sollten. Das Gericht ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Es hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Gesetzgeber den gesamten Abschnitt des Gesetzes, der früher die Regelungen zum Sterbegeld enthielt, zum 01.01.2004 neu gefasst hat und damit alle zuvor in dem Abschnitt enthaltenen Vorschriften abgeschafft worden sind. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Berufung ist möglich.


(Urteil vom 28.02.2005 - Aktenzeichen: S 11 KR 133/04)


OffeneFrage: Ist eine Sterbegeldversicherung pfändbar und geht sie in die Erbmasse mit ein?

Als Ersatz für das Sterbegeld der Krankenkassen gibt es inzwischen den sogenannten "Trauerfall-Direktschutz" - also eine Sterbegeldversicherung. Die betreffende Person zahlt monatlich eine gewisse Summe an die Versicherung und im Todesfall wird dann die Versicherungssumme an einen Begünstigten ausbezahlt, der das Geld dann ganz oder teilweise für die beerdigungskosten nutzen kann.

Folgendes Szenario: Ich bin hoch verschuldet. Ich habe eine relativ hohe Sterbegeldversicherung abgeschlossen (25.000 EUR). Als Begünstigte habe ich meine Tochter angegeben. Wenn ich jetzt sterbe, und sie das Erbe (Schulden) ausschlägt, bekommt sie dann das Geld oder wird es irgendwie doch gepfändet?



siehe auch SterbeFall


KategorieSozialRecht

SterbeGeld (zuletzt geändert am 2008-01-20 19:59:29 durch anonym)