Das Jugendstrafverfahren

Geregelt in § 33 ff. JGG

1. Die Jugendgerichte

Gemäß § 33, 107 I JGG entscheiden Jugendgerichte über Verfehlungen Jugendlicher. Dies sind besondere Spruchkörper, die bei den Amts- und Landgerichten angesiedelt sind. Grund hierfür ist, dass man davon ausgeht, dass im Jugendstrafverfahren besondere Erfahrung im Umgang mit Jugendlichen und eine jugendkriminologische Sachkenntnis erforderlich ist, so dass für Jugendverfehlungen Spezialzuständigkeiten geschaffen wurden. Auch Jugendstaatsanwälte sollen diese besondere Erfahrung und Sachkenntnis haben (§§ 36,37 JGG). Wie bereits gesagt, findet hingegen das JGG in prozessualer Hinsicht auf Heranwachsende stets Anwendung, so dass unabhängig von der Frage, ob der Heranwachsende gemäß § 105 nach Jugendstrafrecht oder Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden wird, jedenfalls vor den speziellen Jugendgerichten verhandelt werden muss. Es gibt hierfür den Jugendrichter, das Jugendschöffengericht und die Jugendkammern.

2. Die Verfahrensbeteiligten

Am Jugendstrafverfahren sind daher das Jugendgericht und der Jugendstaatsanwalt beteiligt. Dazu kommt ggf. ein Verteidiger (§ 68 JGG), sowie der gesetzliche Vertreter des Jugendlichen (& 67 JGG). Erziehungsberechtigte bzw. gesetzliche Vertreter haben dabei grds. die gleichen Rechte wie der Beschuldigte selbst. Zweiter wichtiger Unterschied zum Erwachsenenstrafverfahren ist die Beteiligung der Jugendgerichtshilfe. Sie stellt ein Prozessorgan eigener Art dar und wird von den Jugendämtern ausgeübt. Die JGH hat eine Doppelfunktion: einerseits soll sie die Lebensumstände des Täters ermitteln, um diese in der Reaktionswahl berücksichtigen zu können, andererseits den Beschuldigten unterstützen. So arbeitet sie z.B. mit der Bewährungshilfe zusammen oder betreut den Jugendlichen bei der Erfüllung von Auflagen nach § 10 JGG.
Im Jugendrecht ist nicht die Staatsanwaltschaft Vollstreckungsbehörde, sondern das Jugendgericht.

3. Schutz im Verfahren

Im Jugendverfahren gibt es keine Nebenklage (§ 80 JGG)
und keine Privatklage(§ 80 JGG),
die Pflichtverteidigerbeiordnung ist erweitert (§ 68 JGG),
es besteht ein erweitertes Beschleunigungsgebot (§ 72 V JGG),
einschränkende Regelungen zur Öffentlichkeit der Hauptverhandlung (§ 109 jGG)
und es gibt keinen Strafbefehl gegen Jugendliche (§ 79 JGG).
Für Jugendliche gibt es ein spezielles Erziehungsregister, dass nur für Justizzwecke angelegt wird und in das aus Erziehungsgründen im Gegensatz zum BundesZentralRegister auch Verfahrensinstellungen nach §§ 45, 47 JGG eingetragen werden (§§ 60 BZRG).

4. Rechtsmittel im Jugendrecht

Allerdings sind die Rechtsmittel gemäß § 55 JGG eingeschränkt. Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel sind sachlich im Umfang nicht überprüfbar, sondern nur die Art der Entscheidung. Der Jugendliche soll nicht den Erziehungschrakter des Inhalts der getroffenen Entscheidung in Zweifel ziehen, höchstens die Zweckmäßigkeit der ausgesuchten Sanktionsart. Instanziell gibt es nur ein Wahlrechtsmittel (§ 55 JGG).

5. Das vereinfachte Jugendverfahren nach §§ 76 ff. JGG

Ähnlich dem beschleunigten Verfahren im allgemeinen StrafProzessRecht gibt es auch im Jugendrecht ein vereinfachtes Jugendverfahren. Auch hier ist es möglich, wenn nur Sanktionen einer bestimmten Intensität (keine Jugendstrafe, kein § 12 Nr. 2 JGG, aber sonst. Erziehungsmassregeln und Zuchtmittel) verhängt werden sollen, ein reduziertes Verfahren durchzuführen, dass schnell und unkompliziert zur Beendigung führen kann. Dies ist im Jugendrecht unter Erziehungs- und Beschleunigungsgesichtspunkten besonders günstig zu bewerten. Allerdings führen auch hier, wie im Erwachsenenstrafrecht, die in der Praxis oft ungünstige Umsetzbarkeit der Regelungen dazu, dass davon nur sehr bedingt Gebrauch gemacht wird.
Im vereinfachten Jugendverfahren bedarf es keiner Anklage, ein Antrag der StA reicht aus (§§ 76 S. 2, 77 II JGG). Das Gericht entscheidet dann, ob ein vereinfachtes Verfahren in Frage kommt. Es muss ablehnen, wenn die Verhängung einer Jugendstrafe oder einer Hilfe zur Erziehung nach § 12 Nr. 2 JGG wahrscheinlich ist, bzw. wenn eine umfangreicher Beweisaufnahme ein vollständiges Hauptverfahren erfordert.
Findet ein vereinf. Verf. statt, so wird durch Urteil aufgrund einer mündlichen Verhandlung entschieden. Die Anwesenheit eines Staatsanwaltes ist nicht erforderlich. Ausserdem darf nach § 78 III JGG zur Beschleunigung und "jugendmäßigen Gestaltung" des Verfahren von einigen Verfahrensvorschriften abgewichen werden, soweit dadurch die Erforschung der Wahrheit nicht beeinträchtigt wird.

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JugendStrafRecht/JugendStrafverfahren (zuletzt geändert am 2008-01-20 19:55:46 durch anonym)