Bestandskraft

Unter dem Begriff der Bestandskraft werden üblicherweise zwei verschiedene Dinge zusammengefasst: zum einen die Tatsache, dass ein bloß rechtswidriger VerwaltungsAkt nicht nichtig ist, und zum anderen, dass VerwaltungsAkte wie Urteile in RechtsKraft erwachsen, wenn nicht gegen sie vorgegangen wird.

Arten der Rechtswirkung

Bei Rechtsnormen gilt prinzipiell, dass es nur zwei Zustände gibt: entweder, die Rechtsnorm ist rechtmäßig - dann ist die Norm wirksam. Oder die Norm ist rechtswidrig - dann ist sie nichtig.

Bei VerwaltungsAkten ist das anders, diese besitzen drei Zustände:

Zustand

Fehler

rechtmäßig

keine

rechtswidrig

leichte Fehler

nichtig

schwere Fehler

Ein bloß rechtswidriger VerwaltungsAkt ist also nicht unwirksam! Das bedeutet zum Beispiel, dass aufgrund eines solchen Verwaltungsaktes prinzipiell rechtmäßige Maßnahmen fußen können. Dies ergibt sich aus § 43 II VwVfG :

Beispiel: Der Witwer W, dessen Frau Beamtin war, erhält vom Versorgungsamt einen Witwerpensionsbescheid. Später stellt sich heraus, dass die Behörde zuviel Pension berechnet hat; deshalb ändert sie nachträglich den Bescheid ab und verfügt durch VA, dass W den überbezahlten Betrag zurückzuzahlen hat.

Wenn nun nicht die Voraussetzungen für die Rücknahme des VAs vorlagen, ist der entsprechende Rücknahmebescheid rechtswidrig. Er ist aber in der Welt und nicht nichtig; deshalb ist der darauf aufbauende Rückzahlungsbescheid rechtmäßig! Das gilt allerdings nur, falls W keinen WiderSpruch einlegt, denn dieser hat üblicherweise aufschiebende Wirkung, so dass dann der Rücknahmebescheid nicht mehr wirksam ist und der Rückforderung die Rechtswirkung des ursprünglichen Festsetzungsbescheids entgegensteht.

Aber: Nichtsdestotrotz ist auch der Rückforderungsbescheid prinzipiell erst einmal in der Welt und entfaltet damit Rechtswirkung! Selbst wenn W also gegen den Rücknahmebescheid Widerspruch eingelegt hat, so dass dieser nicht mehr rechtswirksam ist, bleibt W verpflichtet, den spezifizierten Betrag zurückzuzahlen, bis er auch gegen diesen vorgeht (oder, was eigentlich sogar passieren sollte, die Behörde selbst diesen erst einmal aussetzt, bis über den Widerspruch gegen den Rücknahmebescheid entschieden ist).

Rechtskraft

Eine Besonderheit von VAs ist, dass sie von der Verwaltung vollstreckt werden können (im Wege der Verwaltungsvollstreckung). Die Verwaltung kann sich damit also sozusagen eine VollstreckungsTitel schaffen. Hier zeigt sich, daß der Verwaltungsakt vom Charakter her einem Urteil nicht unähnlich ist.

Konsequenterweise erlangen daher VAs Unanfechtbarkeit und damit RechtsKraft, wenn gegen sie nicht innerhalb einer gewissen Zeit WiderSpruch eingelegt wird. Gem. § 70 I VwGO beträgt diese Frist einen Monat ab Bekanntgabe des VAs. Mit Ablauf der Frist wird der VA dann bestandskräftig und unanfechtbar.

Dann kann nur noch die zuständige Behörde selbst einen rechtswidrigen oder auch einenrechtmäßigen VA zurücknehmen(§§ 48, 49 VwVfG). Es besteht jedoch auch die Möglichkeit für den Bürger die Bestandskraft des Va zu überwinden, in dem er eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt(§ 51 VwVfG). Nach Wiedereinsetzung muß die Behörde erneut entscheiden, quasi so, als ob sie die abschließende Entscheidung noch nicht endgültig gefällt hätte.

Ähnliches gilt für einen Widerspruchsbescheid, der auch einen VA darstellt: hilft die Verwaltung einem Widerspruch nicht ab und erlässt einen ablehnenden Widerspruchsbescheid, so muss innerhalb eines Monats (§ 74 I VwGO) gegen den VA Klage erhoben werden, oder er wird bestandskräftig.

Rechtsfolge eines bestandskräftigen VAs ist, dass die Rechtsänderung, die durch seinen Regelungscharakter bewirkt wird, Bestand hat. Gerichte und Behörden müssen bei zukünftigen Entscheidungen dann die Rechtslage so hinnehmen, wie sie durch den (rechtswidrigen, aber bestandskräftigen) VA geschaffen wird.


KategorieÖffentlichesRecht

BestandsKraft (zuletzt geändert am 2016-06-29 22:27:46 durch anonym)