Welcome to Warwick (Andrea Bittner)

Die University of Warwick liegt ca. fünf bis sechs Kilometer südlich von Coventry, mitten im Grünen. Fast alle ausländischen Studenten sind auf dem Universitätsgelände untergebracht. So wohnte auch ich auf dem Campus in einem flat (einer kleinen Wohnung) gemeinsam mit vier Kommilitonen. Das Wohnheim Redfern war eine angenehme Überraschung; modern ausgestattet, mit Kühlschrank, Tiefkühltruhe, Mikrowelle und einem Bad. Ich zahlte 30 englische Pfund Miete pro Woche. Pro Monat sind das umgerechnet etwa 300 DM – ein angemessener Preis. Die Lebenshaltungskosten in Großbritannien liegen allerdings etwas höher als hierzulande. Einführungstage für alle ausländischen Studenten gibt es jeweils Ende September. Diese drei Tage dienen unter anderem dazu, sämtliche Formalitäten zu erledigen, sich einzuschreiben und einen Ausweis für die Bibliothek zu besorgen. Während dieser Aktivitäten lernte ich Kommilitonen aus aller Welt kennen. Wir alle hatten uns jetzt auf die Besonderheiten des englischen Hochschulsystems einzustellen. Das akademische Jahr ist in drei sogenannte Terms eingeteilt. Nach jedem Term sind vier bis fünf Wochen Ferien. In Warwick startet der erste Term am 1. Oktober und geht bis Mitte Dezember. Der zweite Term beginnt Mitte Januar und dauert bis Mitte März. Im dritten Term, der Ende April beginnt, finden nur noch am Anfang Vorlesungen und Seminare statt, danach wird für die Abschlußprüfungen gebüffelt.

Am ersten Oktober ging es dann zur law-school, so heißt die juristische Fakultät in Warwick. Hier erhält man seinen persönlichen Stundenplan und eine Mappe mit vielen Informationen. Wer von einer deutschen Universität nach Warwick kommt, der wird hier wieder an seine Zeit vor dem Abitur erinnert: In den Seminaren besteht Anwesenheitspflicht, man fühlt sich wie in der Schule. Aber die Veranstaltungen sind nicht überfüllt. Mein Stundenplan enthielt drei Kurse. Ein Kurs besteht immer aus zwei Stunden Vorlesung und einer Stunde Seminar. Ich besuchte zum Beispiel „Law and Economic activity in the U.K.“ und „European Law“. Für eine Seminarstunde waren jeweils locker 50 Seiten Pflichtlektüre plus Aufgabenblatt durchzuarbeiten. Bei drei Pflichtkursen ist das ein großes Wochenpensum. Trotz der von mir in Saarbrücken belegten Vorlesungen „Introduction to English Law“ und „English Legal Terminology“ hatte ich Bedenken, ob meine Englischkenntnisse ausreichen würden. Diese Sorge war allerdings unbegründet, ich fand mich gut zurecht.

Gefallen hat mir das Campus-Leben, denn es geht hier nicht nur ums Studium. Im Art Centre auf dem Universitätsgelände finden zum Beispiel regelmäßig Konzerte und Theateraufführungen statt. Ein beliebter Treffpunkt ist die Student´s Union mit ihren Bars. Hier war immer was los. Typisch für Großbritannien sind die societies. Diese Studentengruppen organisieren unter anderem sportliche Aktivitäten. Ich schloß mich Amnesty International und der Law society an. Bei Ausflügen – etwa nach London, Oxford und Cambridge – und einer Reise nach Cornwall und Wales lernte ich Land und Leute kennen.

Andrea Bittner

University of Warwick – Ein Eindruck (Philipp Hujo)

In meinem Erfahrungsbericht möchte ich mich auf das akademische Leben konzentrieren und weniger auf das Leben außerhalb des Campus eingehen. Die Unterschiede in der Lehre liegen auf der Hand. Die wohl größte Besonderheit liegt in der Betreuung der Studenten. Man kann wohl sagen, dass die Studenten und die Weitervermittlung des Lehrstoffes im Mittelpunkt der Lehre stehen und weniger die Forschung oder wissenschaftliche Arbeit. Die Offenheit und Zugänglichkeit des englischen Lehrpersonals kann schon befremdlich wirken für denjenigen, der einmal in dem Büro eines deutschen Hochschulprofessors gestanden hat. Jedem Studenten wird ein so genannter „Personal Tutor“, eine Art Vertrauensprofessor zugeteilt, welcher dann zu bestimmten Sprechstundenzeiten zur Verfügung steht. Dies beschränkt sich keinesfalls auf nur akademische Fragen, sondern umfasst ebenso, und hier liegt wohl der Hauptunterschied, ganz allgemein jegliche Art von persönlichen Problemen. Von Jobsuche über familiäre Probleme, bis hin zur bekannten Prüfungsangst kann alles zur Sprache kommen. Die Vertrauensprofessoren nehmen diese Aufgabe außerordentlich ernst und man hat den Eindruck, dass sie dies auch gerne tun. Selbst außerhalb der Sprechzeiten ist ein kurzer Besuch stets möglich. Der ein oder andere Professor verpflichtet seine Studenten sogar zu einem Besuch für ein individuelles Feedback der jeweiligen Abschlussklausur und veranschlagt dann pro Student zirka zehn Minuten Besprechungszeit. Dies erscheint für einen Deutschen in der Tat seltsam und es ist wirklich nicht so, dass die Kursteilnehmerzahlen dort geringer wären. Natürlich muss man sich dann die Frage stellen, ob man diese Aufgabe überhaupt von einem Professor erwarten will, oder ob nicht andere Personen für die Betreuung der Studenten besser qualifiziert sind. In jedem Falle aber habe ich mich in diesem Umfeld wohl gefühlt.

Das Deutsche Recht während dem Aufenthalt aus dem Auge zu verlieren ist eine Angst, die ich nicht teilen kann. Die Bibliothek der Universität hält die gesamte Palette an juristischen Zeitschriften bereit. Darüber hinaus betreibt man doch ständig Rechtsvergleichung, auch ungewollt. Man entdeckt das eigene Rechtssystem neu, sieht es mit anderen Augen und hinterfragt Dinge, die einem sonst als selbstverständlich galten.

Um das Angelsächsische Recht wirklich kennen lernen zu können, empfiehlt es sich die Veranstaltungen im englischen Zivilrecht, dem Common Law, sowie dem englischen Verfassungs- und Verwaltungsrecht (Constitutional and Administrative Law) zu besuchen. Eine andere grundlegende Veranstaltung führt in das Modern English Legal System ein. Für den Strafrechtler bieten sich die Veranstaltungen Criminal Law und International Criminal Law an. Wer möchte kann über den europäischen Rechtsraum hinaus einen Blick werfen auf das Islamische oder sogar das Japanische Recht. Insgesamt kann man aus wohl 50 verschiedenen Modulen wählen. Darüber hinaus ist der Erwerb des Certificate of English Law möglich, wobei gewisse Grundkurse verbindlich besuchte werden müssen und erst danach Wahlfächer belegt werden dürfen.

Die Kurse setzen sich zusammen aus Vorlesung und dazugehörigen Seminaren, in denen der Stoff vertieft und in der Gruppe diskutiert werden soll. Diese Seminare ähneln den deutschen Arbeitsgemeinschaften, oder den französischen travaux dirigés. Diese Seminare bieten einerseits die Möglichkeit sich aktiv zu beteiligen und so seine Englischkenntnisse auszuprobieren, aber andererseits auch sich gegenseitig auszutauschen und zu bereichern. Da englische und ausländische Studierende zusammen unterrichtet werden, entsteht ein hoher Grad an Internationalität. Diese Mischung bereichert die Veranstaltungen aufgrund der Vielfalt an Erfahrungen und Eindrücken ungemein.

Die Arbeitsbelastung richtet sich ganz nach den persönlichen Interessen und Erwartungen des Einzelnen. Es steht jedoch außer Frage, dass der Besuch der Lehrveranstaltungen mehr Sinn und auch Spaß macht, wenn man sich auch mit dem Stoff auseinandergesetzt hat, um später auch mitreden zu können. Das Arbeiten in der englischen Sprache fällt einem auch schon nach ein oder zwei Wochen nicht mehr so schwer. Wichtig ist, so denke ich, dass man sich nicht gleich am Anfang übernimmt und sich nicht abschrecken lässt.

Die Universität ist jedoch keinesfalls nur Arbeitsstätte. Mit dem landesweit bekannten Arts Center und der Students Union hält sie viel Abwechslung und Unterhaltung bereit. Schließlich ist auch für leibliche Betätigung ist gesorgt. Es kann an der Uni gegen einen kleinen Obolus so jede denkbare Sportart praktiziert werden. Die Ausstattung der Sporteinrichtungen lässt nichts zu wünschen übrig. Um schnell Kontakte zu knüpfen empfiehlt es sich, sich in einer der zahlreichen Studentengemeinschaften zu engagieren.

PhilippHujo besuchte die University of Warwick von September 2005 bis Juni 2006 im Rahmen des gemeinsam integrierten Studienprogramms Lille-Warwick.

JuristischesAuslandsbüroSaarbrücken/ErfahrungsBericht/Warwick (zuletzt geändert am 2008-01-20 19:57:13 durch anonym)